Skelettanimation
Skelettanimation - düstert geistert dieses Wort
durch die Reflections-Welt. Nur flüsternd und hinter
vorgehaltener Hand raunt man sich Einzelheiten zu. Selbst
Eingeweihte ahnen bestenfalls, wie es funktioniert. Und das
Handbuch ? Ja, das Handbuch, jenes Handbuch, in dessen Index
"Ballaballa" zu finden ist, schweigt eisern und hält die
Informationen absichtlich zurück, um den User mit
Try-and-Error-Spielchen in den Wahnsinn zu treiben.
Aber jetzt wird die helleuchtende Fackel der Aufklärung
hineintragen in die Schar der verzweifelten
Reflections-User: Dieser Workshop bringt knallhart
recherchierte Fakten; nach diesem Workshop werden die
Handbücher zu Reflections neugeschrieben werden müssen.
Skelettanimation - was ist das, was soll
das?
Bei der Skelettanimation geht es darum, komplexe Bewegungen
mehrerer zusammenhängender Teile auf eine abstrakte
Darstellung dieser Teile zu beziehen. Diese abstrakte
Darstellung ist das Skelett, das es aufgrund seiner vorher
definierten Struktur ermöglicht, Bewegungen relativ einfach
und möglichst interaktiv festzulegen, die dann von den
dazugehörigen Geometrieobjekten nachvollzogen werden. Um es
an einem Beispiel zu erklären: Eine menschenähnliche Figur
soll zum Gehen animiert werden. Diese Figur besteht aus
einzelnen Gliedmaßen wie Oberarme, Unterarme, Oberschenkel,
Unterschenkel, Füße usw. Um jetzt einen Schritt dieser Figur
darzustellen, müßte man ohne die Skelettanimation erst
einmal eine Hierarchie aufbauen und dann jeweils die einzelnen
Objekte in die passende Lage bringen. Daß das enorm
viel Arbeit bedeutet, weiß jeder, der es schon eimal
versucht hat und daran gescheitert ist. Mit Hilfe der
Skelettanimation geht es einfacher: Zunächst werden den
einzelnen Gliedmaßen sogenannte Bones, also Knochen,
zugeordnet und diese über Gelenke verbunden. Nun kann man
die sehr simpel dargestellten Bones drehen und bewegen, und
die jeweils angehängten Bones folgen dieser Bewegung auf mehr
oder weniger natürliche Weise. Wird z.B. der Oberschenkel
gedreht, folgen Unterschenkel und Fuß in etwa so, wie man es
von einem realen Objekt erwarten würde. Die geometrische
Kalkulation der eigentlichen geometrischen Objekte erfolgt
dann im Anschluß.
Die Aufgabe
Ziel dieses Workshops soll es sein, ein lustiges
Drahtmännchen dazu zu zwingen, mehrere Schritte zu laufen.
Die Sache mit dem Männchen - ich habe mir erlaubt, es Johnny
zu nennen - hat den Vorteil, daß die Bewegungen und
Bezeichnungen ziemlich leicht vorzustellen und relativ
unmißverständlich sind. Außerdem sind die Bewegungen
ziemlich komplex, was viel Fleißarbeit und Üben bedeutet.
Sonst lernt man ja nichts! Voraussetzung für die Teilnahme
an diesem Workshop ist ein Mindestalter von 18 Jahren -
Quatsch, nur ein Witz - ist eine gewisse Erfahrung im Umgang
mit Reflections. Man sollte in der Lage sein, die
Grundfunktionen des Programms ohne langes Überlegen zu
bedienen, den Unterschied zwischen Körpern und Geo-Objekten
kennen und auch schon mal die eine oder andere Animationen
fertiggestellt haben. Desweitern sind eine engelsartige
Geduld, enorme Zähigkeit und Nerven wie Drahtseile
mitzubringen, da ein winziger Fehler, ja die kleinste
Unaufmerksamkeit die Arbeit von Stunden zunichte machen
kann. Da hilft dann auch die Undo-Funktion oft nicht weiter.
So, noch jemand dabei? Dann kann es ja losgehen:
Es geht los
Die erste Hürde, die es zu überwinden gilt, ist, ein
lustiges Drahtmännchen zu finden, das blöd genug ist, den
ganzen Unsinn mitzumachen. Entweder man nimmt Johnny, den
ich großzügig zur Verfügung stelle-
ja, her damit!
-oder man bastelt sich selbst ein Männchen. Dabei ist zu
beachten, daß die Proportionen menschenähnlich sein sollten,
wie hier kurz skizziert,
und daß die Figur aus einem Geo-Objekt besteht,
dessen Körper den einzelnen Gliedmaßen entsprechen. Wie in
diesem Bild zu sehen ist,
ist das bei Johnny der
Fall. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind nur die Namen
der einen Körperhälfte zu sehen. Wichtig ist auch, daß die
Mittelachsen des Männchen durch den Nullpunkt gehen, und daß
das Männchen, bzw. natürlich das entsprechende Geo-Objekt,
Johnny heißt.
Noch eines: Im Nachfolgenden verwende ich die
Bezeichnungen der Reflectionsversion 4.06, die sich von den
früheren Versionen ein wenig unterscheiden.
I. Skelett erzeugen
Das ist einfacher, als man vielleicht denkt und geht im
Handumdrehen:
- 1. Erzeugen-Skelett aufrufen.
- 2. Mit Bearbeiten-Parametereditor das Skelett
von "Neu-Skelett" in "Johnnys_Skelett"
umbenennen.
- 3. Das -Gagdet auf Johnnys_Skelett ziehen
und im Popup-Menü "Multioperation" auswählen.
- 4. Das
"Multi-Operation"-Gadget auf Johnny ziehen. Im
Popup-Menü "Bones für Körper erzeugen" auswählen.
Jetzt alle Körper bis auf Alles auswählen.
- 5. Ein wenig warten. Der Mauszeiger zeigt dieses
schwachsinnige "Grübel, Grübel".
Und, siehe da: Ein
Skelett ist entstanden, und, was man nicht sieht, es ist
auch für jeden Körper von Johnny ein Shared-Points-Objekt
enstanden. Merkwürdigerweise sind diese
Shared-Points-Objekte nur im Materialmanager sichtbar, na
ja, wird schon seinen Sinn haben. Johnnys_Skelett müßte
ungefähr so aussehen wie auf diesem Bild:
Wem das nicht gelungen ist, der kann auch diese Datei verwenden. nehm`
ich!
Für die weitere Arbeit ist es sinnvoll, nur Johnnys_Skelett
in der Plotkörperliste zu haben.
II. Gelenke erzeugen
So, jetzt steht ein wenig Fleißarbeit ins Haus. Es müssen
die Gelenke erzeugt werden, um die sich die einzelnen Bones
des Skeletts nachher drehen werden. Fangen wir mit dem
rechten Kniegelenk an:
- 1. Ausschnitt soweit vergrößern, daß man
Oberschenkel_rechts und Unterschenkel_rechts gut sieht.
- 2.Bearbeiten-Punkteditor
auswählen. Im Punkteditor tauchen jetzt eine Menge Gadgets
auf, die man vielleicht vorher noch nie gesehen hat.
- 3. Einen neuen Punkt mit zwischen Oberschenkel_rechts und Unterschenkel_rechts
setzen. Immer daran denken, daß man im dreidimensionalen Raum arbeitet. Wenn
man meinen Ermahnungen gefolgt ist und die Mittelachsen von Johnny durch den
Nullpunkt gehen, sitzen die Gelenke richtig. Davon kann man sich in der Seitenansicht
überzeugen.
- 4. Auf Gadget klichen. Ein Gelenk wird erzeugt und dargestellt.
- . Die Schritte 1.-3. solange wiederholen, bis alle
Gelenke erzeugt sind und Johnnys_Skelett wie auf
diesem Bild aussieht.
Insgesamt müßten es 14 Gelenke sein. Mit dem -Gadget läßt sich das kontrollieren. Es wäre
eine gute Idee, das Erreichte erstmal abzuspeichern. Jetzt wird es nämlich etwas
kniffliger. Höchste Konzentration und Fingerfertigkeit sind angesagt, denn jetzt
geht es um das
III. Verbinden der Bones
Fangen wir wieder mit dem rechten Kniegelenk an:
- 1.Ausschnitt soweit vergrößern, daß man
Oberschenkel_rechts
und Unterschenkel_rechts gut sieht.
- 2.Bearbeiten-Punkteditor
auswählen. Im Punkteditor tauchen jetzt eine Menge Gadgets
auf, die man vielleicht schon einmal gesehen hat.
- 3. anwählen. Auf den Bone Oberschenkel_rechts klicken (Auf die entsprechende
Meldung in der Statuszeile achten!). Mauszeiger bei gedrückter linker Maustaste
auf das gewünschte Gelenk ziehen. Maustaste loslassen. Es erscheint eine gepunktete
Linie, die die Verbindung des Kniegelenks mit dem Bone Oberschenkel_rechts
anzeigt.
- 4. Jetzt auf den Bone Unterschenkel rechts klicken
und
den Mauszeiger bei gedrückter linker Maustaste auf das
Kniegelenk ziehen. Wieder erscheint die gepunktete Linie,
die die hoffentlich richtige Verbindung anzeigt.
- 5. Sicherheitshalber mit kontrollieren. Dort müßte zu lesen sein, daß
Gelenk Nr. Soundso mit Bone Oberschenkel_rechts und Bone Unterschenkel_rechts
verbunden ist.
- 6. Schritte 1.-5.
sinngemäß für alle Gelenke
wiederholen.
Dabei ist darauf ist zu achten,
daß nur immer zwei Bones und
dann natürlich die richtigen
miteinander verbunden sind.
Lieber öfter mal abspeichern!
Denn falls man sich vertut und
die falschen Bones mit den
falschen Gelenken verbindet, gibt
es keine Möglichkeit, es
wieder rückgängig zu machen. Ich
habe jedenfalls keine
gefunden.
Zum Schluß muß das ganze so aussehen:
Alle Bones müssen miteinander verbunden sein. Ja, natürlich nicht über ein
und dasselbe Gelenk, sondern sozusagen über die anderen Bones. Wer zu faul ist,
das alles zu machen, zu ungeschickt ist oder die Nerven verloren hat, darf sich
diese Datei hier auspacken. mach` ich doch glatt!
So, noch einmal tief luftholen,
denn jetzt kommt das
entscheidende: Die höchst
schwierige und heikle
IV. Festlegung
der Key-Frames
An dieser Stelle sollte man
nochmals darüber nachdenken bzw.
das Handbuch aus der
Mülltonne holen, um zu schauen, wie das
mit Sequenzen,
Key-Frames, Snaps und dem ganzen Dings da
geht. Das wird
jetzt nämlich nicht erklärt. Also, los
geht's:
- 1. Sequenz für Johnnys_Skelett eröffnen.
Falls
die Meldung erscheint "Johnnys_Skelett will keine
Sequenz", was sich ja eigentlich direkt putzig anhört,
nicht verzweifeln. Der Fehler liegt in der Verbindung von
Bones und Gelenken. In diesem Fall alles nochmals
kontrollieren: Kein Gelenk vergessen, nichts doppelt
verbunden? Vielleicht Hand_rechts nicht mit Unterarm_rechts
verbunden? Ist alles klar, dann geht's weiter.
- 2.
In diesem Bild
Key-Frame 1
ist die Anfangsposition
für einen
Schritt für Johnny dargestellt. Geignete
Blickrichtung
wählen, also entweder Perspektive oder
Seitenansicht,
Ausschnitt sinnvoll setzen und sich
überlegen, welcher Bone
um welche Achse wie weit gedreht
werden muß. Das mit der
Achse ist besonders wichtig,
einfach an den eigenen Körper
denken: Den Unterschenkel
kann man auch nur vor und zurück
drehen, und nicht in alle
Richtungen. Ihr wißt schon, was
ich meine. Fangen wir mit
dem Oberschenkel_rechts an:
- 3. Im Punkteditor anklicken. Mit der linken Maustaste auf den Bone Oberschenkel_rechts
klicken. Aber Vorsicht: Je nachdem, ob man den Bone eher näher am Kniegelenk
oder am Hüftgelenk erwischt hat, passiert etwas völlig anderes. Im zweiten
Fall, der richtig ist, dreht sich der Oberschenkel um das Hüftgelenk. Unterschenkel
und Fuß werden mitbewegt, der Rest von Johnny bleibt da, wo er sein soll.
Im anderen
Fall: große Katastrophe! Der Fuß und der
Unterschenkel
bleiben stehen, aber der ganze Johnny bewegt
sich und sieht
äußerst ungut aus:
Oft hilft die Undo-Funktion weiter,
oft auch nicht.
- 4. Jetzt eine kurze Pause einlegen
und nicht
ungeduldig werden. Reflections muß erst noch die
Geometrie
neu kalkulieren. Dabei sieht es so aus, als würde
nichts
passieren. Kein "Grübel, Grübel"-Unfug wird
angezeigt!
Jetzt nicht wild herumklicken, das würde sich
verheerend
auswirken. Dasselbe gilt für Undo.
- 5.
Wenn es geklappt hat, nimmt man sich die nächsten
Bones
vor, bis Johnnys_Skelett so aussieht wie auf der
Vorlage.
- 6. Sequenzfenster öffnen und die
Sequenz
Johnnys_Skelett aktivieren. Einen Snap
bei 0.0 Sekunden setzen.
- 7. Diesen ganzen Vorgang
sieben mal wiederholen: Hier
sind die Bilder, der einzelnen
Key-Frames:
Key-Frame 2 Key-Frame 3 Key-Frame 4 Key-Frame 5 Key-Frame 6 Key-Frame 7 Key-Frame 8
Die Snaps sollten im Abstand von 0.5 Sekunden gesetzt
sein,
so daß sich insgesamt eine Länge von 3.5 Sekunden
ergibt.
- 8. Geschafft? Na, klasse! Zur Belohnung
darf man jetzt auch ein
Preview berechnen. Eine
Wire-Frame-Preview mit 40 Frames
sollte es zur Feier des
Tages schon sein. Sieht doch gut
aus, oder?
Danach kann man auch Johnny wieder in die
PKL
aufnehmen und die Preview im Solid-Modus
berechnen lassen.
Sieht noch besser aus. Falls nicht, liegt
es vielleicht an
Euch.
So sollte es jedenfalls aussehen:
Schritte.an5
Und für alle faulen Leute: Hier die Datei - Ist ja doch einfacher...
Das war ein hartes Stück Arbeit bis hierhin. Aber -
Feierabend ist noch lange nicht. Denn was hat Johnny davon,
nur auf der Stelle zu treten? Bewegung will er, laufen, raus
an
die frische Luft! Also: Das Skelett als Ganzes soll
bewegt
werden; insgesamt 4 Schritte, sagen wir mal, soll
Johnny
laufen.
V. Das Skelett in Bewegung
setzen
Tja, fragt sich vielleicht mancher,
jetzt ist guter Rat teuer. Denn es gibt
ja schon eine
Sequenz für Johnnys_Skelett. Wie soll man denn
da noch eine
eröffnen, um das Skelett als solches zu
bewegen? Hier hilft
ein kleiner Trick.
- 1.
Erzeugen-Dreiecksobjekt-Frei. Es entsteht ein Objekt
namens
Neues Dreiecksobjekt.
- 2. Dieses
benennen wir um in Johnnys_Seele. Darauf achten, daß
der Ursprung von Johnnys_Seele in der Mitte von
Johnny und auf Sohlenhöhe
ist. (Hört sich ja an wie eine
obskure Religion, harhar)
- 3. Im
Hierarchie-Manager Johnnys_Skelett an
Johnnys_Seele
hängen. Um Mißverständnisse zu
vermeiden: Johnnys_Seele ist
der Vater,
Johnnys_Skelett der Sohn.
- 4. Sequenz für
Johnnys_Seele eröffnen. Einen Snap setzen
bei 0 auf der Zeitleiste.
- 5. Johnnys_Seele
etwa um 400 cm oder Einheiten,
nennt es, wie ihr wollt,
in Laufrichtung bewegen.
- 6. Snap setzen
bei 8 Sekunden auf der Zeitleiste.
- 7. Damit
Johnny mehr als nur zwei Schritte macht und dann gleitet,
das Flag für die Sequenz Johnnys_Skelett auf
Interpolation außerhalb des
Bereichs zyklisch
setzen. Dadurch werden die Schritte immer
wieder
wiederholt. Theoretisch könnte Johnny so einmal um
die Erde
laufen, ohne sich auszuruhen.
- 8. Kamera, Licht
neu ausrichten. Preview berechnen.
Wenn es gefällt, Animation berechnen lassen. Die Szene nach Belieben mit Wegen,
Hindernissen, Fallgruben usw. erweitern. Wie am Schluß eines jeden Abschnitts:Die fertige Datei
Und
eine berechnete Animation zum angucken:
Windows Amiga
Zwar
läuft der gute Johnny noch etwas holprig, aber naja, üben,
üben, üben...